Die "Gefahren" von Conditional Zeros

Gero Teufert, 09/1999

 

from: MikeListon@aol.com

"Aus irgendeinem Grund werden jedesmal, wenn von Conditional Zeros die Rede ist die Worte gefährlich/komplex erwähnt. Ehrlich, ich verstehe nicht warum Conditional Zeros als so viel gefährlicher und komplexer als andere Facetten der Choreographie bezeichnet werden.

Kann mir jemand erklären warum sie gefährlich und/oder komplex sind und warum sie irgendwie über das Verständnis der meisten Caller hinausgehen?"

 

Mike,

dieses Problem ist eigentlich nur eins für Module Caller. Wer ein anderes System benutzt, braucht sich keine Sorgen zu darum zu machen.

Ein Module Caller stellt seinen Module zusammen wie ein Bauarbeiter, der Backsteine übereinander legt, um daraus ein Haus zu bauen. Er muß wissen, welche Steine zusammenpassen, um eine solide Architektur zu verwirklichen.

Ein Module Caller kann ein True Zero an beliebiger Stelle in seine Choreographie einfügen. Nehmen wir mal das folgende Module:
Box zero: swing thru, centers run, ferriswheel, centers pass thru.

Diese Sequenz ist ein True Zero. Ein solches Zero kann man überall in ein vorgegebene Folge von Calls einfügen soweit die Formation eine Box ist. Diese Box kann jedes Arrangement, jede Sequence und jedes Relationship haben, das True Zero erstellt am Ende das gleiche Arrangement, Sequence, Relationship. D. h. wenn wir ein True Zero benutzen, sind wir immer auf der sicheren Seite. Tatsächlich müssen wir uns nur darum kümmern nach dem Zero unsere Folge von Calls wieder aufzunehmen. Wir sind immer sicher, daß unsere Calls zu einem vernüftigem Allemande left führen, auch wenn wir True Zeros eingebaut haben.

Ein Beispiel:

heads lead right,
(*1)
right and left thru,
veer left,
bend the line,
slide thru,
(*2)
square thru 3
AL

An jedem Punkt, der mit einem (*x) markiert ist, haben wir eine Box-Fromation und wir können True Zero einfügen, wir werden schließlich immer ein akkurates "Allemande Left" erreichen. Es macht dabei keinen Unterschied, ob wir das True Zero an der ersten oder der zweiten oder an beiden Stellen einfügen.

heads lead right,
(*1)
Box zero: swing thru, centers run, ferriswheel, centers pass thru.

right and left thru,
veer left,
bend the line,
slide thru,
(*2)
Box zero: swing thru, centers run, ferriswheel, centers pass thru.

square thru 3
AL

 

Trotz der Zeros ein akkurates Alemande Left.

Mit einem True Zero funktioniert das immer, wir spielen also sehr sicher.

Nun wollen wir mit einem Conditional Zero (Technical Zero) vergleichen.
star thru, pass thru, bend the line, slide thru

Wir fügen es an der Stelle (*2) ein:

heads lead right,
(*1)
right and left thru,
veer left,
bend the line,
slide thru,
(*2)
[---conditional zero start---]
star thru, pass thru, bend the line, slide thru
[---conditional zero end---]
square thru 3
AL

Alles ist in Ordnung. Die Calls funktionieren und erreichen am Ende ein vernünftiges Allemande Left. Warum also die Aufregung um Conditional Zeros? Versuchen wir es mal an Stelle (*1).

heads lead right,
(*1)
[---conditional zero start---]
star thru, pass thru, bend the line, slide thru
[---conditional zero end---]
right and left thru,
veer left,
bend the line,
slide thru,
(*2)
square thru 3
AL

 

Diesmal hat es nicht funktioniert. Tatsächlich funktioniert das Conditional Zero an Stelle (*2) als ein Zero und an Stelle (*1) nicht. Im Unterschied zum True Zero muß man sich also bewußt sein, daß es noch eine andere Bedingung (engl: Condition) außer der Formation gibt, die es zu beachten gilt. Wenn man als Module Caller ein Conditional Zero anwendet ohne sich Gedanken über die zusätzliche Kondition zu machen, läuft man Gefahr, daß das Conditional Zero nicht als Zero wirkt. Deshalb ist es "gefährlich" Conditional Zeros zu benutzen ohne diese Bedingung zu verstehen.

Welches ist die spezielle Bedingung?

Man kann das mit "Sequence-States" oder mit einer Art "Partner-State" erklären, beide hängen voneinender ab und meinen letztendlich das gleiche.

Ich erkläre es hier mit dem Partner-State...

Was ist der Unterschied an den zwei Stellen in der obigen Folge, an denen wir versucht haben das Conditional Zero einzufügen?

An beiden Stellen befinden sich die gleichen vier Tänzer in einer Box. An der Stelle (*1) hat jeder seinen original Partner neben sich. An der Stelle (*2) guckt (FACING) jeder seinen original Partner an.

Offensichtlich funktioniert das Conditional Zero als ein Zero an Stellen, an denen jeder seinen Partner anschaut und nicht als Zero an Stellen, wo jeder seinen Partner neben sich hat.

Wenn man es weiter ausprobiert, findet man daß das Conditional Zero auch in den Fällen als Zero arbeitet, in denen jeder seinen Corner, jeder seinen Opposite oder jeder Boy seine Right Hand Lady anschaut.

Auf der anderen Seite funktioniert es nicht, wenn jeder Boy seinen Corner|Opposite|RH Lady als Partners hat.

In einer etwas abstrakteren Fassung heißt das:

In symmetrischer Choreographie gibt es zwei "Partner-States":

1. PARTNER:
Jeder Boy hat das gleichen relative Girl als Partner.
D. h. alle Boys haben Ihren Original Partner oder alle Boys haben Ihren Corner oder alle Boys haben Ihren Opposite oder alle Boys haben Ihre Right Hand Lady als Partner neben sich.

2. FACING:
Jeder Boy schaut das gleichen relative Girl an.
D. h. alle Boys schauen auf Ihren Original Partner oder alle Boys schauen auf Ihren Corner oder alle Boys schauen auf Ihren Opposite oder alle Boys schauen auf Ihre Right Hand Lady.

Es mag verwundern oder auch nicht es sind nur diese beiden Partner States möglich.

Ein Conditional Zero, das von dem Partner State "PARTNER" als Zero funktioniert, tut das nicht von dem Partner State "FACING" und umgekehrt.
[Das gilt für Line- und Box-Formationen ]

Man muß auf den Partner State achten, wenn man Conditional Zeros benutzt. Wenn man das Prinzip aber verstanden hat, gibt es eigentlich nichts fürchterliches an ihnen, nur eine weitere Bedingung, die man beachten muß.

Conditional Zeros sind etwas schwierig zu verstehen und etwas gefährlich wenn man sie ohne Verständnis der Partner-States verwendet. Deshalb mag man sie als die gehobenere Kunst der Choreographie ansehen. Für jemand, der versucht ein Square Dance Caller zu werden und der sich um das WAS und WIE sorgt, ist es nicht notwendig Conditional Zeros zu verstehen. Man kann ein guter Caller - auch ein guter Module Caller - sein, auch ohne Conditional Zeros zu durchschauen. Wenn jemand beschließt, das er/sie ohne die Conditional Zeros leben kann, warum sollten wir ihn/sie damit belasten?

Die meisten Caller, die Conditional Zeros verstanden haben, haben nochmehr über sie herausgefunden: Ladies Chain Effekte, wenn man sie vom "falschen" Partner-State callt, Rotationseffekte, Effekte die äußeren und inneren Tänzer, bzw. Heads und Sides zu vertauschen. Wenn man einen Newbie mit all diesem konfrontiert, mag ihn das verängstigen.

Um noch einmal auf unserem Bauarbeiter zurück zu kommen: Er kann natürlich ein Haus aus gleich großen und gleichförmigen Steinen bauen. Dieses Haus wird solide gebaut sein. Ein anderer "gehobener" Bauarbeiter wird vielleicht auch ein paar anders geformte Steine einbauen. Er muß dann nur wissen an welchen Stellen er diese Steine benutzen kann. Wenn so ein Stein am falschen Ort eingebaut wird, kann das Haus die Stabilität verlieren und einstürzen.

Gero Teufert
Kiel, Germany

 

 

last Update: 11.12.1999

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